Pressemitteilung des AKHNR zur Gestaltung des Alten Friedhofs in Nieder-Roden

Versendet an die Vertreter der Presse am 05.09.2021

Bezüglich des „Alten Friedhofs“ Nieder-Roden begann im Herbst 2019 eine Korrespondenz (Brief/E-Mail) zwischen dem Arbeitskreis für Heimatkunde Nieder-Roden e. V. (AKHNR) und der Stadt Rodgau, nachdem am 17.05.2019 eine aufwändig inszenierte Bürgerbefragung („Charette-Verfahren“) durchgeführt worden war.

Mai 2019 – Bürgerbefragung

Charette-Verfahren zur Bürgerbeteiligung auf dem Alten Friedhof Nieder-Roden am 17.05.2019 – ©AKHNR/EGE

Zu Beginn dieser Bürgerbefragung hieß es noch, dass bereits am selben Abend eine Entscheidung getroffen und direkt ein Vorschlag für die Gestaltung vorgelegt würde. Seither (Stand: 21.07.2021) wurden auf dem Gelände keinerlei Maßnahmen zum Umbau vorgenommen. Auch wurden über die örtliche Presse oder auf anderem Wege keine Informationen kommuniziert, die angezeigt hätten, wie der städtische Plan zur Umgestaltung aussähe bzw. wo gegebenenfalls verschiedene Pläne zur Begutachtung oder Abstimmung ausliegen würden.

November 2019 – Schreiben des AKHNR

Nachdem bis zum Herbst 2019 keinerlei Reaktion zu vermelden war, hatte der AKHNR am 14.11.2019 an die Stadt zunächst einen Katalog mit Vorschlägen und Forderungen geschickt, die auch im Zuge des Charette-Verfahrens vor Ort vorgebracht worden waren.

Unter anderem war darin darauf hingewiesen worden, dass auf dem Gelände noch die Gebeine von schätzungsweise über 220 verstorbenen Nieder-RöderInnen ruhen. Auch der Denkmalschutz des Eingangsgebäudes und die Einstufung der dazu gehörenden Lindenallee, die von der Friedensstraße aus zum Eingang führt, durch die Denkmalschutzbehörde als städtebaulich relevant und schützenswert wurden hervorgehoben. Angeführt wurde ebenfalls, dass die alte Friedhofsmauer nach Auffassung des Vereins schützenswert ist und entsprechend saniert werden müsste.

Außerdem wurden mehrere Vorschläge gemacht, wie sich der Verein für die Instandsetzung und Umwandlung des Ortes in einen Ort der Erinnerung und des Gedenkens einbringen wollen würde. Unter anderem wurden eine Ausstellung im Gebäude zur dörflichen Begräbniskultur, Anpflanzung von in der lokalen Kultur bedeutsamen Kräutern („Werzborre“) sowie die Einrichtung von Informationstafeln in Verbindung mit einem Audioguide auf Basis von QR-Codes vorgeschlagen.

Wichtig war und ist dem Verein auch, dass kein „Durchgangsverkehr“ über den alten Friedhof entsteht, was der Fall wäre, wenn es einen Ein- und einen Ausgang gäbe. Der Friedhof oder Park, oder was auch immer daraus entstünde, würde dann noch mehr als jetzt schon zum Gassi gehen und zur Verwendung als Hundetoilette anregen. Man stelle sich nur vor, auf einem aktiven Friedhof wären Hunde erlaubt.

Für viele Nieder-RöderInnen ist der fragliche Platz aber nach wie vor in erster Linie das: ein Friedhof. Es stehen dort auch weiterhin ausgewählte erhaltenswerte Grabsteine, die nach Ansicht des AKHNR auf dem Gelände ihren würdigen Platz behalten sollen. Vor diesem Hintergrund lehnt der Verein auch ab, dass das Grundstück an privat veräußert wird: die Art der Nutzung wäre dann wohl nur schwer zu kontrollieren.

Januar 2020 – Antwort der Stadt

Die Antwort der Stadt auf das Schreiben vom 14.11.2019 erreichte den AKHNR am 16.01.2020. Darin wird auf die erfolgreiche Beteiligung der Bürger bei der Befragung über die weitere Nutzung verwiesen. Die vielen Vorschläge seien gesammelt und dem Planungskomitee vorgelegt worden.

Auch aus Sicht des AKHNR war dies in der Tat ein sehr transparentes und interessantes Vorgehen, wobei der Andrang und die Vielzahl von Ideen die Zuständigen sichtlich überrascht, wenn nicht gar überfordert hat. Dass am selben Abend daraufhin nicht schon eine Entscheidung getroffen werden konnte, ist von daher nachvollziehbar.

Im Antwortschreiben vom 16.01.2020 wurde auch bekräftigt, wie schon bei der Bürgerbefragung im Mai 2019, dass die Ergebnisse öffentlich vorgestellt, bevor sie der Stadtverordnetenversammlung zum Beschluss vorgelegt würden und, dass der Verein diesbezüglich rechtzeitig informiert werden würde. Die Ideen des AKHNR zu Erhaltung und Nutzung des Gebäudes werden in dem Schreiben in eine unbestimmte Zukunft verwiesen, da sich das derzeitige Verfahren nur mit Planungen der Fläche des ehemaligen Friedhofs und der Friedhofsmauer beschäftige. Allerdings werden auch die Ideen des AKHNR bezüglich der Flächengestaltung nicht aufgegriffen. Es wird vielmehr darauf verwiesen, dass alle aus der Bürgerbefragung resultierenden Vorschläge gleichberechtigt seien.

Daraus muss der AKHNR den unbefriedigenden Schluss ziehen, dass das verantwortungsvolle, langfristige, verbindliche und strukturierte Engagement eines Vereins mit seinen Mitgliedern und den ehrenamtlich handelnden, persönlich haftenden Vorstandsmitgliedern mit der singulären, auf wenige Stunden begrenzte Beteiligung Einzelner auf eine Stufe gestellt wird. Das ist aus Sicht des AKHNR und sicherlich auch aus Sicht vieler weiterer, in Vereinen und vergleichbaren Strukturen tätiger, Ehrenamtler völlig inakzeptabel.

Zur Erinnerung sei an dieser Stelle das beständige Wirken des AKHNR verdeutlicht. So hat sich Verein im Laufe seiner über 40-jährigen Existenz schon für mehrere kulturelle Objekte im öffentlichen Raum eingesetzt:

  • Das Pflanzen und Umpflanzen der neuen Ortslinde (Millenniumslinde)
  • Die Restaurationen der Bildstöcke „Not Gottes“ und „Dreifaltigkeit“
  • Die Überführung eines Gedenksteins aus Miltenberg
  • Die Restauration des Kriegerdenkmals
  • Die Planung, Fertigung und Installation der Gassenschilder im Altort
  • Die Rettung, Renovierung und Erhaltung des alten Lehrerhauses

Bezüglich des Alten Friedhofs hat sich der AKHNR seinerzeit darum gekümmert und erfolgreich erreicht, dass durch die Denkmalschutzbehörde das Torensemble unter Denkmalschutz gestellt wurde und dass eine große Anzahl erhaltenswerter Grabsteine nicht abgeräumt, sondern entlang der Außenmauer aufgestellt werden konnten.

Eine herausgehobene Bedeutung des gemeinnützigen AKHNR, der sich zuvorderst und als einziger Verein in Nieder-Roden mit der Pflege und Erhaltung von Natur- und Kulturdenkmälern per Satzung beschäftigt, ist offenbar nun von der Stadt aber nicht vorgesehen. Diese Grundhaltung sollte man im Gedächtnis behalten.

Zumindest gilt sie für die Gestaltung der Grünflächen. Was das denkmalgeschützte Torgebäude angeht wird im Schreiben an den AKHNR durchaus angezeigt, dass dessen Sanierung (irgendwann in der Zukunft) unter Einbeziehung der Expertise des Vereins vorgenommen werden solle. Außerdem wird klar geäußert, „dass an eine Veräußerung der Fläche […] nicht gedacht wird“.

Warten auf Fortschritte

Mit Ankunft des Corona-Virus im März 2020 wurde es still um das Projekt „Alter Friedhof“. Da auch die Vereinsmitglieder sich nicht treffen konnte und die Aktivitäten auf Eis lagen, hatte man nur wenige Möglichkeiten, gemeinsam über die Zukunft des Projektes nachzudenken. BürgerInnen Nieder-Rodens fragten aber durchaus beim AKHNR an, wie denn nun die Beschlusslage zur Umgestaltung sei.

Juni 2021 – Erneute Anfrage und Antwort

Daraufhin wurde im Juni 2021 eine erneute Anfrage an die Stadt formuliert. Darin wurde angemerkt, dass der Verein plane, die eigenen Vorschläge des Vereins zur Gestaltung des Alten Friedhofs in einer Pressemitteilung öffentlich zu machen, vor allem um zu demonstrieren, dass die fehlende Aktivität im Bereich „Alter Friedhof“ nicht an mangelndem Interesse oder Engagement des Vereins lagen.

Diesmal kam die Antwort schon nach einer Woche und sie enthielt Grüße von Bürgermeister Hoffmann. Der Bürgermeister drückte seine Freude über das Engagement des AKHNR aus und ließ sein Bedauern darüber ausrichten, dass so lange nichts voran gegangen sei. Als Entschuldigung für die Verzögerung wird hier nun erstmals das Sturmereignis vom August 2019 und die der Schadensbeseitigung geschuldete Fokussierung der Mitarbeiter des Fachbereichs Grünflächen und Forst angeführt.

Immerhin wird mitgeteilt, dass es schon einen konkreten Planungsentwurf für den Alten Friedhof gegeben hatte, dessen Kosten sogar geschätzt werden konnten. Aus dem Schreiben geht auch hervor, dass der Plan als zu teuer für die Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung eingestuft wurde. Die erforderliche Überarbeitung wurde angegangen und sei nun abgeschlossen.

Die nächsten Arbeitsschritte, nämlich „die interne Beteiligung anderer Fachdienste, wie z. B. der Verkehrsbehörde, Feuerwehr und auch der Stadtwerke“ müssten nun durchlaufen werden. Die Zeitplanung sähe eine Vorlage des neuen Plans in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planen und Bauen noch im Jahr 2021 vor, sodass im folgenden Jahr der Umbau tatsächlich stattfinden werde.

Von einer öffentlichen Vorstellung dieses überarbeiteten Plans im Rahmen einer Ausstellung eines Modells im Bürgerhaus, so wie noch im Juni 2019 beim Charette-Verfahren großzügig angeboten, ist hier nun nicht mehr die Rede. Coronabedingt solle es stattdessen eine Online-Vorstellung geben, die gerade vorbereitet werde. Es bleibt zu hoffen, dass hierbei Möglichkeiten geschaffen werden, interaktiv Fragen zu stellen und Antworten zu bekommen. Ein solcher Planungsentwurf dürfte sich schließlich nicht ganz von allein erklären.

Abschließend wird in dem Schreiben betont, dass die durch den AKHNR angekündigte Pressemitteilung der Fairness wegen nicht nur den Inhalt des ursprünglichen Anschreibens des AKHNR vom November 2019 behandeln solle, sondern auch den Inhalt des nachfolgenden Austauschs mit der Stadt. Diesem Wunsch möchte der AKHNR mit der hier aufgeführten umfangreichen Darstellung sehr gerne entsprechen.

Aus Sicht des AKHNR

Auch wenn es richtig ist, dass es Antworten der Stadt gab, so ist aus Sicht des AKHNR festzuhalten, dass der Inhalt nicht die Bedürfnisse des Vereins, der Mitglieder und der Bürger ausreichend adressiert und befriedigt.

Die Reaktion aus dem Januar 2020 war wenig aufschlussreich und seitdem wurde an dem Plan nicht transparent gearbeitet. Das Ergebnis muss sich erst noch zeigen. Bisher gibt es überhaupt keine Informationen über die geplante Ausgestaltung des Parks. Daran ändert auch die Reaktion aus dem Juli 2021 nichts.

Es ist die Überzeugung des AKHNR, dass im Sinne eines transparenten Umgangs mit der Öffentlichkeit erhebliches Verbesserungspotential vorhanden ist. So hätte im Mindesten den am Charette-Verfahren Mitwirkenden oder besser allen BürgerInnen wenigstens der zu überarbeitende (da zu teure) Entwurf vorgestellt werden sollen. So hätten die Betroffenen einen Anhaltspunkt dazu erhalten können, was denn eigentlich am Ende von den vielen Vorschlägen aufgenommen wurde und was nicht. Auch die Abwägung der Kostenfrage ist von Interesse: Was ist der Stadt Rodgau zu teuer gewesen? Was lässt sie sich die Umgestaltung einer Grünfläche in einen Park für alle kosten?

Bis heute haben Jene, die bereit waren sich einzubringen, keinen Anhaltspunkt zu diesen Aspekten. Ein derartiges Vorgehen ist dazu geeignet die ohnehin bedauerlich geringe Lust von Bürgern auf Engagement für eine positive Gestaltung des Ortsbildes weiter verkümmern zu lassen. Auch auf die Motivation der ehrenamtlich Tätigen wirkt es fatal.

Auch wenn der AKHNR nicht die Möglichkeit zur Erstellung eines repräsentativen Meinungsbildes der Einwohner hat, so ist doch festzuhalten, dass in zahlreichen Gesprächen mit Mitgliedern und Bürgern die großen Sorgen für Entwicklung des Ortsbildes zum Ausdruck gebracht werden. Die Gefühlslage ist zum Teil traurig – man fühlt sich vernachlässigt, wenn nicht gar ignoriert. Ein enormes Gewicht hat dabei der Umgang der Stadt mit städtischen Flächen und Gebäuden – aus Bürgersicht dem gemeinschaftlichen Eigentum aller Bürger – auch unter der Prämisse der anzustrebenden Verdichtung, deren negative Auswirkungen gerade in den Altort-Bereichen schon jetzt Realität sind.

Die große Beteiligung bei der Bürgerbefragung zeigte klar und deutlich ein großes Interesse der Nieder-Röder Bürgerschaft an diesem Projekt. Um nachhaltiges Engagement zu fördern, darf es aus Sicht des AKHNR nicht bei einer einzigen Veranstaltung mit Möglichkeit zur Mitsprache und Einflussnahme bleiben. Die Gefahr, dass die Glaubwürdigkeit der Ansprache und damit der Zuspruch für vergleichbare Formate völlig verloren geht, ist akut.

Die Offenlegung der Planungen vor einem etwaigen Beschluss ist daher notwendig. Auch muss es Raum für die Diskussion und Anpassung der Pläne geben. Die Betroffenen möchten nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Der AKHNR hat sich von Beginn an besonders darum bemüht, seinem langjährigen Wirken entsprechend, einen konstruktiven Beitrag zu leisten und Unsachlichkeiten und konfrontatives Auftreten zu vermeiden. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Wir wollen diese Mitteilung daher auch als einen Versuch des Aufrüttelns verstanden wissen und als Betonung der Bereitschaft dieses Vereins auch weiterhin das Ortsbild Nieder-Rodens, und damit auch der Stadt Rodgau, im Positiven zu pflegen und zu entwickeln.

Zur besseren Verständlichkeit und transparenten Darstellung finden Sie im Anhang das ursprüngliche Anschreiben des AKHNR an die Stadt vom 14.11.2019.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

Der Vorstand
Arbeitskreis für Heimatkunde Nieder-Roden e. V.

Anhang

Schreiben des AKHNR an den Magistrat der Stadt Rodgau vom 14.11.2019
– Betreff: Gestaltung des Alten Friedhofs in Nieder-Roden – Einbringung des AKHNR: